Montag, 27. Februar 2012

Teilaufgabe 3 "die Rolle der Bevölkerung"


TA 3:

'Die Rolle der Bevölkerung'
-untersuchen sie, welche Rolle die Bevölkerung im Kampf um Gerechtigkeit in Kleists Novelle, Dürrenmatts Drama und in Kafkas Roman jeweils spielen.

Bevölkerung in Kleists Novelle 'Michael Kohlhaas':
  • Die Bevölkerung ist in gewisser Weise immer Spiegel der Haltung der Obrigkeit, Kohlhaas gegenüber. Am Anfang sind sie gegen ihn, halten den Junker Wenzel von Tronka vor ihm versteckt und nehmen seine Mandate nicht ernst. SO auch die Obrigkeit: Sie verwehren Kohlhaas das fundamentale Recht auf einen Prozess gegen den Junker und zwingen ihn so zum gewaltsamen Widerstand.
  • Im zweiten Teil der Novelle, in dem sich plötzlich alle Dinge wie durch göttliche Fügung für Michael Kohlhaas zum Guten wenden, steht auch die Bevölkerung plötzlich hinter ihm. Der Brandenburger Kurfürst setzt sich für Kohlhaas ein und verhilft ihm in Dresden zu einem Fairen Prozess gegen den Junker (Kohlhaas bekommt in allen Anklagepunkten Recht). Kohlhaas muss sich allerdings am schluss noch ein letztes Mal vor Gericht behaupten. In Brandenburg wird er des Kaiserlichen Landfriedensbruches bezichtigt. Kohlhaas erkennt seinen Fehler an und ist bereit dafür gerade zu stehen,. Dieses Verhalten macht Eindruck bei der Bevölkerung und Kohlhaas wird noch kurz vor seinem Tod als mutiger Volksheld gefeiert.
  • Kohlhaas verdankt seine Beliebtheit gegen Ende warscheinlich auch seiner Eigenschaft s´trotz seines brutalen Widerstandskampfes gegen die Obrigkeit bereit für Kompromisse zu sein und sein Verhalten ständig zu reflektieren und Kritik annehmen zu können. Er versucht ständig sein Verhalten zu erklären und steht konsequent hitner seinen Prinzipien. Das wirkt sympathisch aber auch beeindruckend. Viele in der Bevölkerung damals wünschten sich vermutlich so mutig wie Michael Kohlhaas zu sein.

Bevölkerung in Kafkas Roman 'der Prozess'
  • die Bevölkerung in Kafkas Roman spielt hier eine weniger große Rolle als sie es in Kleists Novelle oder Dürrenmatts Drama tut. In Kafkas Roman geht es hauptsächlich um Josef K. Selbst. Die Bevölkerung oder bessergesagt: die Menschen mit denen K. Etwas zu tun hat dienen lediglich dazu, die verworrene Wahrnehmung K.s seiner Umwelt zu unterstreichen. Psychoanalytisch betrachtet weißt sein Verhältnis zu Frauen auf eine infantile Neurose hin. Die Frauen, allesamt aufreizend und anzüglich gezeichnet, zeigen sein gestörtes Verhältnis zu Gefühlen wie Liebe, echter Zuneigung und Vertrauen. K. Scheint sehr allein zu sein und hat weder Freunde noch eine feste Partnerin. Auch von einer Familie ist nicht viel zu merken. Bis auf einen Onkel, der ihn einmal kurz besucht und ihmdabei helfen will, die Fassade vom perfekten Prokuristen aufrecht zu erhalten um die Familie nicht zu blamieren. Das weist auf ein oberflächliches, angespanntes Verhältnis zu seiner Familie hin. Auch hier scheint K. Unfähig jeglicher emotionalen Bindung oder Regung zu sein. Alle anderen Personen die im weiteren Verlauf des Romans auftauchen gehören auch zu dem ominösen, undurchschaubaren Gericht, das ihn anklagt. Dadurch, dass die Personen überall sind wirken sie Bedrohlich auf K. Obwohl sie ihm sogar teilweise ihre Hilfe anbieten. Das Gericht schein überall zu sein und K. Fühlt sich verfolgt und bedrängt von seinem Prozess. Die Personen überall, die alle mit dem Gericht zusammenhängen unterstreichen, dass es sich hier nicht unbedingt um ein reales Gerichtsgebäude handelt, welches K. Anklagt sondern vielemehr um etwas noch höheres. Fast macht es den Anschein, K. Bilde sich die vielen Menschen nur ein und der Prozess ist ein Prozess, der nur innerhalb K.s vorgeht. Eine Art Lebenskrise in der K. Sich für sein gesamtes Tun sich selbst gegenüber verwantworten muss. Die Bevölkerung in Kafkas Roman wäre demnach dann die verschiedenen Stimmen in K.s Kopf. Verschiedene Erinnerungen, Vorwürfe und Ängste- dargestellt als Personen.
Bevölkerung in Dürrenmatts Drama 'der Besuch der alten Dame'
  • Von allen drei Werken, spielt die Bevölkerung in Dürrenmatts Drama die Größte Rolle. Sie ist eigentlich ein eigener Charakter des Stückes. Obwohl es sich bei der Bevölkerung um viele verschiedene Personen handelt, hat man nicht das Gefühl, dass es sich um viele verschieden Identitäten handelt als viel mehr um eine Kollektiv-Identität.
  • Obwohl die Güllener detaillierter Beschrieben sind als die Bevölkerung in Kleists Novelle ensteht das Gefühl, einer entindividualisierten, monoton denkenden Masse viel stärker als bei Michael Kohlhaas.
  • Die Bevölkerung in Dürrenmatts Drama könnte zeigen, dass auch die Demokratie als Staatsform nicht immer die beste ist. Denn die Mehrheit entscheidet sich nicht immer für die moralisch beste Lösung eines Problems. Das wird deutlich als die Güllener im Kollektiv Ill für eine Milliarde umbringen.
  • Weder bei Kleist noch bei Kafka ist die Bevölkerung für den Handlungsverlauf zwingend notwendig. Bei Dürrenmatt ist sie jedoch Teil des Geschehens und unbedingt notwendig für das Geschehen. Die alte Dame könnte ihren Racheplan ohne die Bevölkerung garnicht durchsetzen und ohne die Bevölkerung wäre der Grund zur Rache garnicht erst entstanden.
  • Die Bevölkerung in 'Der Besuch der alten Dame' spielt eine entscheident wichtige Rolle und ist aus dem Stück nicht wegzudenken während sie in Kafkas Roman und Kleists Novelle nicht unbedingt notwendig für den Verlauf der Handlung ist und lediglich als Räpresentant der Auwirkungen des Handelns des Protagonisten dienen.

Die Rolle der Bevölkerung in Kafkas Roman 'der Prozess' ist nicht besonders groß und doch von großer Wichtigkeit. Zunächs einmal fragt man sich: wo ist hier überhaupt die Bevölkerung? Es geht doch hauptsächlich um den durchschnittlichen Prokuristen Josef K. , seine verzerrten Wahrnehmungen der Umwelt und falschen Einschätzung seiner Mitmenschen. Aber genau da fängt die Bevölkerung an, eine Rolle zu spielen: in K.s irrationaler Wahrnehmung seiner Mitmenschen und seinem zwischenmenschlichem Verständnis- das anscheinend nicht vorhanden ist. Doch nun der Reihe nach: Josef K. Wird eines Tages von unbekannten Männern eines ominösen, undurchschaubaren Gerichtes verhaftet. Sie können ihm jedoch nicht sagen weshalb und K. Stellt die frage nach seiner Schuld nur ein einziges Mal, ganz am Anfang. Offensichtlich kann er sich auch nicht denken, worin seine Schuld bestehen könnte, denn gerade der um durchschnittlichkeit und Ordnung bemühte K. Ist sich keiner Schuld bewusst. Die Anklage tut er als Irrtum ab und geht lediglich aus dem einen Grund zum Gericht, um den Prozess schnell hinter sich zu bringen. Er versucht garnicht erst, über mögliche gründe für seine Verhaftung nachzudenken und obwohl er sich fest vornimmt, dem Prozess so wenig Bedeutung wie möglich beizumessen, nimmt dieser bald einen bedeutend großen Platz in K.s Leben ein. Das Gericht ist überall. Alle Personen, mit denen K. In Kontakt kommt, haben plötzlich etwas mit dem Gericht zu tun und scheinbar alle wissen von K.s Prozess. Bei dem Gericht selber handelt es sich ganz offensichtlich nicht um ein Gerichtsgebäude im Wortsinn sondern vielmehr um das Gericht als geistigen Begriff. Der Prozess, der sich an K. Von dem Tag der Verhaftung an 'haftet' könnte auch eine Art Lebenskrise K.s sein, ein Prozess über sein eigenes Leben, der sich nur in seinem Kopf abspielt. In diesem Sinne würden auch die vielen Menschen, die alle mit dem Gericht zusammenhängen Sinn ergeben: sie könnten die verschiedenen Stimmen in K.s Kopf sein. Stimmen der Schuld, der Angst, Vorwürfe, die er sich selbst macht und Erlebnisse die er verarbeiten muss. Men könnte sagen, die Bevölkerung in Kafkas Roman sind Teil des Gerichts, also des Gewissens von Josef K. Selbst. An K.s schwierigem Verhältnis zu Frauen wird das besonders deutlich: Er scheint unfähig zu sein, eine Beziehung aufzubauen, nicht in der Lage sich emotional an jemanden zu binden oder überhaupt echte Gefühle für eine Person zu entwickeln. Die Frauen benutzt er lediglich als austauschbare Objekte der Lust. Psychoanalytisch betrachtet weißt diese verhalten auf eine infantile Neurose hin: Die Frauen könnten auf ein schwer zu verarbeitendes Erlebnis in K.s früher Kindheit hinweisen. Vielleicht ist er einmal verraten worden und konnte damit nicht umgehen, denn anscheinend hat er starke Bindungängste. Doch nicht nur das, auch in Anwesenheit der anderen Personen wirkt K. Immer nervös und unsicher. Nach den Treffen macht er sich Vorwürfe, er könne sich falsch verhalten- oder etwas Falsches gesagt haben. Wenn diese Personen die personifiezierten Ängste und Stimmen in K.s Kopf sind, sind auch sie unbedingt notwendig für den Verlauf der Handlung. Bei Kleists Novelle 'Michael Kohlhaas' ist es ein bißchen offensichtlicher: Dem Rosshändler Michael Kohlhaas werden auf einer geschäftlichen Reise zwei Pferde misshandelt. Als er dagegen klagen will wird ihm ein Prozess hartnäckig verwehrt und nachdem er mehrmals daran scheitert auf Legalem Wege noch etwas zu erreichen, zieht der Rosshändler, für welchen die Menschenwürde einen Höheren Stellenwert hat als das physische Leben, in den gewaltsamen Widerstandskampf. Als er fast scheitert, gelingt es ihm durch beinahe göttliche Fügungen und glückliche Zufälle doch noch seinen Prozess zu bekommen. Obwohl er ganz zum Schluss rechtmäßig wegen Landfriedensbruchs zum Tode verurteilt wird, stirbt er zufrieden und mit der Welt im Reinen: Er hat kurz zuvor seinen Prozess bekommen und obendrein in allen Anklagepunkten Recht. Ausserdem ist er in der Lage seinen Fehler einzusehen und dafür gerade zu stehen. Die Bevölkerung macht gewissermaßen parallel zu den Gerichten, vor denen Kohlhaas sich behaupten muss eine Entwicklung durch: Anfangs sind sie verschreckt und empört über das gewaltsame Vorgehen Kohlhaasens. Sie verstecken sogar den Junker Wenzel von Tronka hinter dem Kohlhaas her ist, und weigern sich ihn trotz vieler Drohungen auszuliefern. Gleichzeitig verweigern die Gerichte Kohlhaas einen Prozess gegen den Junker, stellen ihm eine Falle und verurteilen ihn obedrein noch unrechtmäßig in einem öffentlichen Schauprozess zu Tode. Als Kohlhaas durch viele Zufälle doch noch an den ihm zustehenden Prozess kommt und er endlich das Verständnis der Obrigkeit erlangt, scheint auch plötzlich die Bevölkerung auf seiner Seite zu stehen und ihn sogar zu bewundern. Die Bevölkerung funktioniert hier sozusagen als Repräsentant für die Stellung der Obrigkeit Kohlhaas gegenüber. Seine Eigenschaft, eigene Fehler einzusehen und Kompromisse einzugehen macht ihn zum gefeierten Volkshelden. Die Bevölkerung bewundert ihn für seinen Mut und seine Konsequenz obwohl sie ihn genau dafür am Anfang unter dem Einfluss der Obrigkeit verurteilt haben. Kleist zeigt damit, dass die Bevölkerung doch ein beeinflussbares Kollektiv ist und dass es einen starken, konsequenten Anführer braucht, um sie auf seine Seite zu ziehen und so eine Revolution gegen die Obrigkeit durchführen zu können. Ähnlich gleichgeschaltet ist die Bevölkerung in Dürrenmatts Drama 'der Besuch der alten Dame' dargestellt. Obwohl es sich hier zum Teil um einzelne Personen handelt, sind diese so stark entindividualisiert dass sie insgesamt anonymer und monotoner wirken als die Bevölkerung bei Kohlhaas. Bei Kohlhaas fallen zumindest ab und zu einzelne Charaktere aus dem Muster und handeln nicht gleichgeschaltet mit der Masse. Die Zigeunerin, die Kohlhaas am Ende hilft und dem Sächsischen Kurfürst seine Zukunft prophzeit ist wohl das beste Beispiel für ein Individuum, dass sich von der Masse abhebt.
Bei Dürrenmatt gibt es solche Personen nicht. In einer verlasssenen Kleinstadt, genannt Güllen, wartet man aufgeregt auf die Ankunft einer alten, milliarden schweren Dame. Sie hoffen darauf, von der Milliardärin aus der finanziellen Not befreit zu werden und versuchen krampfhaft einen perfekten ersten Eindruck zu erzeugen. Bereits hier zeigt sich die verlogenen Fassade , die die Güllener auch im weiteren Verlauf der Handlung konsequent aufrecht erhalten. Tatsächlich bietet die alte Dame den Güllenern ihre Hilfe an- allerdings unter einer Bedingung: Sie verlangt, dass die Güllener ihren Ex-Freund Alfred Ill, der sie damals verlassen hatte, umbringen. Dafür bietet sie eine Milliarde für Güllen. Zuerst lehnen die Güllener scheinbar entrüstet ab. Ihre moralischen Prinzipien gebieten es ihnen. Bereits hier wird deutlich, dass die Meinung der Güllener praktisch nur eine einzige ist. Selbst in gesprochenen Dialogen kann man kaum den Einzelnen heraushören. Für die Rachemission der alten Dame ist das kollektive Handeln und Denken der Güllener perfekt: Sie kann sie durch ihr Angebot als Mordinstrument Alfred Ills benutzen. Damit straft sie nicht nur Ill für seinen früheren Verrat sondern auch die Güllener für ihre Verlogenheit und ihr demütigendes Verhalten als sie Güllen damals als schwangere Frau verlassen musste. Das Schlimme an der Bestrafung der Güllener ist nicht, dass sie Ill umbringen an sich sondern, dass sie ihre Seelen verkaufen ohne es zu merken.
Obwohl die Rolle der Bevölkerung in Dürrenmatts Drama am offensichtlichsten ist, ist sie trotzdem auch bei Kleists Novelle und Kafkas Roman unbedingt notwendig für den Verlauf der Handlung und die Entwicklung der Charaktere. Durch die Personen und ihre Art wie sie auf Josef K.s Verhalten reagieren hat K. Überhaupt erst die Möglichkeit, sein Handeln zu reflektieren. Bei Kleists Novelle 'Michael Kohlhaas' ist die Funktion der Bevölkerung einfach: Sie lassen sich von der Obrigkeit beeinflussen und reflektieren die Stimmung der Obrigkeit gegenüber Kohlhaas. Die Einzelnen individuellen Charaktere, mit denen Kohlhaas in berührung kommt zeigen ganz unterschiedliche Dinge. Die Zigeunerin hilf ihm und versteht seine wahren Absichten während alle, die mit dem Junker Wenzel von Tronka zusammen hängen versuchen Kohlhaas in Fallen zu locken und ihn auflaufen zu lassen. Sie repräsentieren die Kurruptheit des Staates. Bei Dürrenmatt ist die Bevölkerung fest in die Handlung eingebunden und als Masse ein Protagonist des Stückes.

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